Der Plan für heuer war eigentlich, all die versäumten Ziele unserer Pyrenäen-Tour von 2013 nachzuholen. Aber durch Corona kam alles anders. So hat sich die Offroad-Fraktion relativ spontan entschlossen, ersatzweise für eine Woche nach Kärnten zu fahren. Da ja sonst eh kein brauchbarer Urlaub möglich ist, sind also Ewald, Frank, Michi, Robert und Alfi dabei. Als 6. Mann ist erstmals auch Alfi’s Bruder Thomas mit von der Partie. Mit seiner Honda Pan European sind natürlich Offroad-Ausflüge eher nicht so das Richtige. Da Alfi ja sowieso nicht unbedingt abseits der Straßen unterwegs sein muss, gibt es auch immer Alternativrouten.
13.9.
Um 9h Abfahrt vom Treffpunkt Tankstelle Wöllersdorf. Alle sind pünktlich wie immer hier. Über den Semmering, Birkfeld, das Gaberl (ausnahmsweise mit Sonnenschein!) startet unsere Tour. Bei Scheifling dann der erste Mechaniker-Einsatz bei einer Pause. Bei Michi’s BMW leuchtet die ABS-Kontrolle dauerhaft. Nach ein bisschen schrauben dürfte alles wieder passen. Dann weiter über Murau, Thomatal, Gailberg nach Kötschach-Mauthen in unser Quartier für diese Woche, zum Gasthof Engl. Im Laufe der Woche werden wir uns noch ausgezeichnetem Essen erfreuen dürfen.
14.9.
Kurz vor 9h ist jeder bei seinem Motorrad. Wie es bei den Grappas eben so üblich ist. Es geht ab nach Italien! Über das Nassfeld nach Pontebba, ins Grappa-Cafe. Da waren wir noch jedes Mal. Das erste Highlight ist dann der Monte San Simeone (1180m). Sehr schmale Straße, 27 Kehren, teilweise durch kurze Tunnel in den Kehren. Oben machen wir dann etwas länger Pause mit einem Picknick. Auch einige Adler kreisen hier. Nach der Abfahrt dann das nächste Problem. Ein Splint hat den Hinterreifen von Alfi’s Honda durchbohrt. Aber auch hier hat Thomas die Lösung. Mit einem Pannenspray wird das Loch verschlossen und der Reifen wird mit Luft gefüllt. Dann kann es weitergehen. Bis Paularo fahren wir alle noch gemeinsam weiter, dann trennen sich die Wege. Alfi und Thomas nehmen die Straße über den Plöckenpass zurück nach Kötschach. Die Offroader wollen über die grüne Grenze zurück nach Österreich.
Auf dem Weg der 4 Schotterfahrer (Frank, Michi, Robert und Ewald) zur Westseite des Passo del Cason di Lanza sind die Auswirkungen der letzten schweren Unwetter vor rund einer Woche noch immer klar zu sehen – glücklicherweise wurden aber die Sperren mittlerweilen aufgehoben. Das ‚Casa Cafe‘, Ausgangspunkt zum Passo Polentin, ist geschlossen und so muss die dort geplante kurze Rast samt Stärkung leider ausfallen. Die Schotterpiste verlangt wegen der anfangs steilen und nur teilweise betonierten Kurven volle Konzentration von uns Fahrern und reduzierten Reifendruck. Die Beanspruchung von Technik und Fahrwerk unserer Dickschiffe wird aber mit baldigem Erreichen der grünen Grenze zwischen Italien und Österreich entlastet. Das Löschen eines falschen Wegpunkts im Navi führt uns dann doch noch bis knapp zur Waidegger Alm, zwar ursprünglich geplant, aber wegen der fortgeschrittenen Uhrzeit zwischenzeitig verworfen. Pech – oder je nachdem – Glück gehabt: Wunderschöne Offroad-Strecke mit herrlichen Panoramablicken und die Pause dann bei der Straniger Alm wird halt einfach kürzer gehalten! Auf der Piste ins Gailtal hinunter werden wir noch von einer Schafsherde gebremst, deshalb ist die Ankunft in unserem Hotel erst knapp vor Sonnenuntergang und dem Abendessen!
15.9.
Heute steht eine weitere Route nach Italien auf dem Programm. Durch das Lesachtal bis Sillian, dort überqueren wir die Grenze nach Südtirol. Innichen, Sexten und weiter entlang der Dolomiten bis Padola. Ab hier geht es wieder in zwei Gruppen weiter. Alfi, Michi, Robert und Thomas fahren weiter bis zu einem vereinbarten Treffpunkt. Hier ist ein Holzlagerplatz, der von einigen Kühen bevölkert ist. Die sind ganz neugierig und finden scheinbar Gefallen an unseren Motorrädern. Ewald und Frank nehmen die rund 10 km lange Offroad-Passage von Campolongo zum Forcella Lavardet unter ihre Räder! Die Routine der bisher bereits zwei Mal befahrenen Strecke beachtet kaum mehr das gut sichtbar angebrachte Fahrverbotsschild (gilt in Oberitalien nur als ‚Haftungsausschluss‘, sofern kein zusätzlicher Hinweis auf Landesgesetze vorhanden), wird aber unsicher, als die ans rechte Ufer des Torrente Frison führende Brücke nicht mehr vorhanden ist und statt dessen eine neu errichtete Forststraße rechts in ein dichtes Waldstück hineinführt. Nach kurzer Besprechung wird entschieden, dieser zu folgen. Immer mehr kommt aber Zweifel auf, die richtige Entscheidung getroffenen zu haben. Erst nach rund 10 Minuten Fahrtzeit gibt der Wald endlich den Blick auf die bekannten 14 steilen und engen, aber asphaltierten Kehren frei. Da mit unpassierbaren Stellen durch Murenabgänge, vor allem nach starken Regenfällen, wie voriger Woche, immer zu rechnen ist, muss der Straßendienst wohl gute Arbeit geleistet haben, denn der Weg zum vereinbarten Treffpunkt mit den On-Roadern ist tadellos befahrbar. Gemeinsam fahren wir nach Sauris di Sopra um in der uns bereits bekannten ‚Speck&Stube‘ zu Mittag zu Essen. Gemischte Platte mit Käse, Schinken und Speck. Auch Nachmittags trennen wir uns wieder in On- und Offroader. Während die Straßengruppe direkt über den Monte Zoncolan und den Plöckenpass zurück nach Kötschach fährt, nehmen unsere beiden Enduristen nicht die Asphaltstrecke, sondern abenteuerliche Pfade im Netz unbefestigter Almwegen oberhalb des Lago di Sauris. Kurz vor dem Forcella Ielma wenden sie ihre Fahrzeuge, da der Weg immer schmaler wird und sie auch kein zu großes Risiko eingehen wollen. Was jetzt aber folgt, ist das Tüpfelchen auf dem i: Mitten durch das kaum an Schönheit zu überbietende Bergpanorama führt die Strecke von der Malga Pieltinis an der Malga Losa vorbei (kurz zuvor bietet sich ein herrlich in die Landschaft gesetzter Picknickplatz mit Holztisch und Bänken für eine Pause an) zum Passo della Forcella! Dort kann man den grandiosen Blick auf das Canale di Gorto, Villa Santina, den Monte Zoncolan und auf das riesige Flussbett des Tagliamento genießen, bevor es auf der durchgehend betonierten Trasse, mit Gefälle bis 28 % und 39 (!) sehr engen Kehren nach Mione hinunter geht. Der Rest der Strecke verläuft auch für die beiden über den Monte Zoncolan und den Plöckenpass. Am Abend dann der nächste technische Einsatz: Bei Roberts Yamaha muss eine Scheinwerferlampe getauscht werden.
16.9.
Für eine Hälfte der Gruppe steht heute der Großglockner auf dem Programm. Aber zuvor geht es noch zum Almgasthaus Glocknerblick auf 2050m. Die Auffahrt dorthin beginnt mit einer schmalen Asphaltstraße, die sich dann für die restlichen 2,5km und 11 Kehren in eine Schotterstraße ändert. Endlich oben angekommen eröffnet sich ein tolles Panorama über die Hohen Tauern und den Großglockner. Nach der Abfahrt trennen sich dann die Wege. Alfi, Michi und Thomas machen sich auf den Weg zum höchsten Berg Österreichs. Nach Passieren der Mautstelle ist das erste Ziel die Edelweißspitze auf 2570m. Von hier dann weiter zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. Der Blick auf die Pasterze zeigt, wie weit sich der Gletscher hier schon zurückgezogen hat. Auf dem Rückweg nach Kötschach machen die drei noch eine Pause in einem kleinen Imbiss am Fuße des Wasserfalls beim Jungfernsprung.
Die andere Hälfte unserer Gruppe (Frank, Robert und Ewald) entscheidet sich als Alternative zum Großglockner für die Hochsteinstraße bei Lienz. Die Mautstraße (Schrankenautomat) beginnt in Bannberg, führt durch schöne Lärchen- und Zirbenwälder bis auf die Bannberger Alm und endet am Parkplatz knapp unterhalb der Hochsteinhütte. Die 6 Gehminuten zur Hütte tun dem strapazierten Sitzfleisch recht gut. Es wird uns ausgezeichnetes Essen serviert, garniert mit prächtigem 360-Grad-Rundblick auf Zettersfeld, Lienzer- und Sextener-Dolomiten und eindrucksvollen Tiefblicke auf Isel- und Drautal. Ein Almabtrieb verzögert etwas unsere Weiterfahrt auf der Pustertaler Höhenstraße nach Silian. Aber die geplante Auffahrt zur Leckfeld-Alm fällt leider einem aufziehenden Gewitter zum Opfer. Schwarze Gewitterwolken und Blitze sehen wir aber nur in den Rückspiegeln, denn die Heimfahrt durch das Lesachtal bleibt glücklicherweise trocken.
17.9.
Heute fahren wir nochmals nach Italien. Diesmal über den Plöckenpass. Nach bereits rd. 10 km vom Grenzübergang entfernt, zweigt eine knapp zweispurig breite, staubige Schotterstraße links zur Promoser Alm (Rif. Casera Pramosio) ab. Als Vorbereitung – quasi zum Aufwärmen für das heute noch bevorstehende Highlight – eignet sich die rd. 8 km lange, mit mehreren Kehren versehene Piste zum Parkplatz vor der hübsch, knapp oberhalb der Baumgrenze gelegenen Alm, besonders gut. Frank und Ewald nutzen diese Gelegenheit, ebenso Alfi, Michi, Robert und Thomas, aber gleich im Tal und für eine ausgiebige Pause. Gemeinsam geht es dann noch weiter bis Paluzza (hier trennen sich wieder mal unsere Wege, wobei sich jetzt Robert dem Schotterduo anschließt). Alfi, Michi und Thomas machen noch eine gemütliche Fahrt, wieder entlang der Dolomiten Richtung Innichen und über das Lesachtal zurück nach Kötschach-Mauthen. Die Schotterheinis nehmen die kleine und abenteuerlich angelegte Straße, die von Paluzza ostwärts Richtung Paularo führt. Der gleichnamige Monte ist über ein ehemaliges Militärsträßchen von Ligosullo aus anfahrbar. Kurz nach dem Castello Valdajer beginnt der alte, 6 km lange und geschotterte Weg, der im oberen Bereich teilweise holperig wird. Hat man mal das anfangs dichtere Waldstück hinter sich gelassen, kann man sich an den landschaftlichen Schönheiten, die diese Gegend bietet, kaum sattsehen. Konzentration ist dennoch angesagt, denn es gibt bis auf wenige ausgesetzte Stellen kaum Randsicherungen an der Südflanke des Monte Dimon. Nach dem winzigen Lago Dimon erreicht man den Endpunkt der Strecke, einen großen Wendeplatz, knapp 100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels des Paularo. War hier bei unserer letzten Auffahrt 2011 noch gähnende Leere zu finden, haben nun Schafhirten ihr Quartier in einem Wohnwagen aufgeschlagen. Vor der Abfahrt wieder hinunter ins Tal werden noch viele Fotos von der herrlichen Gebirgslandschaft geschossen. Nachmittags begeben wir uns zum Ursprung des Piave. Auf der Strecke dorthin legen wir eine kurze Rast bei der Bar Gussetti in Rigolato ein. Die Auffahrt durch das Zötztal zum Rif. Sorgenti del Piave (1830m) ist 9 km lang und durchgehend geteert. Nach etlichen steileren Kehren gelangen wir zum Almgebiet in Terrassenlage. Obwohl es luftlinienmäßig keine 10 km ins Lesachtal sind, wird unsere Heimreise ins Hotel über den Kreuzbergsattel, Sexten und Sillian doch knapp 130 km lang sein. Der Grund dafür liegt direkt vor unseren Augen: Sie zeigen einen eindrucksvollen Blick auf den Monte Peralba / Hochweißstein (2694m), der eine Direttissima verhindert.
18.9.
Nach dem Frühstück begeben sich Alfi und Thomas auf die Heimreise, später entscheidet sich dann auch Robert noch dazu, heute schon nach Hause zu fahren. Michi macht eine Tour zum Grundlsee und Frank und Ewald machen sich zur üblichen Abfahrtszeit nach Sillian durch das Lesachtal auf. Erstes Ziel heute: Die Leckfeldalm! Wegpunkt im TomTom eingegeben und schon kanns los gehen. Doch dann stehen wir plötzlich vor einem Verbotszeichen: Fahrverbot – Forststraße! Obwohl uns ein Mountainbiker entgegenkommt, beschließen wir, nicht weiterzufahren: Straßen mit ‚Fahrverbot‘ sind für uns tabu. Ein Anruf in der Almhütte und schon ist das Rätsel gelöst: Das Navi hat uns zu früh von der Hauptstraße weggelotst! Der Beginn der legal befahrbaren Mautstraße liegt rd. 2 km weiter westlich. Das ist dann leicht zu finden. Beim Automat mit Schranke weist uns ein Einheimischer darauf hin, dass wir den kleinen Durchschlupf daneben nehmen sollen, da die Anlage nicht auf das geringere Gewicht von Motorrädern eingestellt ist. So schlängeln wir uns neben den Schranken vorbei und sind auf der 7 km langen unbefestigten, aber gut fahrbaren Forststraße hinauf zur Leckfeldalm. Auch hier ist der Almabtrieb voll im Gang, was zu zwei kurzen Anhaltungen führt. Von der Alm aus führt noch ein schmal geschotterter Weg über 5 Kehren und 200 Höhenmeter weiter und endet auf der Kuppe eines Nordausläufers des Füllhorns (2445 m), der als Sattel bezeichnet wird. Den Blick über Puster- und Gailtal kann man am besten dort auf der Startrampe für Paragleiter genießen. Sehr gut verköstigt werden wir dann noch vom Wirt der Leckfeld-Alm, der dazu auch noch die Bezahlung der Maut, die wir wollen, ablehnt. Wenn schon so freundlich und zuvorkommend – dann werden wir gerne wiederkommen! Nach der Genussabfahrt gehts für uns weiter zur Volkzeiner Hütte: Die etwa 12 km lange Winkelbachtal-Straße beginnt in Außervillgraten, geht bald in eine gut befahrbare Schotterstraße über und endet an der Volkzeiner Hütte inmitten der Deferegger Alpen. Der obere Teil der Strecke ist etwas holprig und weist vor der Lackenkammer Alm, ca. 1,5 km vor dem Endpunkt (Wandererparkplatz), eine Steigung von 16% auf. Unterwegs passiert man einige Viehbarrieren, die man nach der Durchfahrt unbedingt wieder schließen sollte. Die Hochgebirgslandschaft zwischen Degenhorn und Regenstein wirkt herb und etwas melancholisch! Zurück im Tal halten wir uns ostwärts, lassen Lienz hinter uns und biegen am Iselsberg zur Roaner Alm ab, die direkt an der Kammlinie hoch über dem Osttiroler Debanttal liegt und gute Ausblicke auf Zettersfeld, Lienzer Dolomiten und Talkessel bietet. Ob wir dort, wie 2012 schon, Werner Grissmann wieder sehen werden? Jedenfalls ist für das 7 km lange einspurige Natursträßchen Maut zu zahlen, hat etliche Bodenwellen, kurze Steigungsmaxima von 15 % und leitet über die Lugger Alm (1631 m) und den Geiersbühel (1864 m) zur bewirtschafteten Roaner Alm. Da es unser letztes Ziel unserer heurigen Reise vor der morgigen Heimfahrt ist, genießen wir unsere deftige Jause auf der Terrasse bei herrlichem Sonnenschein! Fehlt somit nur mehr die Beantwortung der offenen Frage: Leider war von unserem Weltcupsieger (11. Februar 1973, St. Moritz, Abfahrt) diesmal nichts zu sehen! 😉
19.9.
Am Samstag tritt auch der Rest die Fahrt heimwärts an.
Texte: Alfi und Ewald
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Hier ist auch noch ein Video von EHP!